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Postmigrantische Gesellschaft behaupten, eine neue Perspektive auf die Szene Europa

von Arun Florino

 

 

INHALTSVERZEICHNIS

  1. Einleitung
  2. Der Ist-Zustand und die Strategien der Veränderung
  3. Die Strategie der Behauptung
  4. Postmigrantismus
  5. Eine Heterotopie
  6. Konflikte
  7. Zukunftsorientierte Forschung für ein Anderes Europa
  8. Neue Perspektive auf die Szene Europa
  9. Bibliographie

 

 

Postmigrantische Gesellschaft behaupten, eine neue Perspektive auf die Szene Europa

von Arun Florino 

 

Einleitung


 

Ziel der Forschung ist es, andere Imaginationen der gegenwärtigen europäischen Gesellschaft an einem signifikanten Ort zu untersuchen: im Ballhaus Naunynstraße und seiner politischen, künstlerischen Alltagspraxis.
Die Analyse ist auf auf Räume fokussiert, an denen essentialistische und eurozentristische Diskurse reflektiert und kreative Gegenentwürfe produziert werden. Wichtig ist die Spannung zwischen Theorie und Praxis.
Die Praxis führt durch konkrete künstlerische Kommunikation und Interaktion dazu, dass Imaginationen und Visionen ab dem Zeitpunkt real werden, an dem sie gedacht, inszeniert, behauptet werden. Daraus resultieren Effekte, die komplex und konfliktbehaftet sind. Innerhalb dieser vorherrschenden Spannungsverhältnisse versuche ich, Materialien zu sammeln, um daran die Prozesshaftigkeit Europas zu verdeutlichen und auf diese Weise, die Idee von Europa neu denkbar zu machen (Vgl. Passerini 2003).

Ermöglicht die Arbeit des Ballhauses die Behauptung einer post-nationalen, post-kolonialen und auch post-identitären Idee von Europa?

In meiner Analyse der Praxen habe ich die Notwendigkeit der Überwindung der essentialistischen und eurozentristischen Idee des Individuums und die Angriffe an Identifikationskonstruk-tionen, sowie die politische Effektivität des Theaters beobachtet. Ich werde einen Einblick in das Geschehen an diesem heterotopischen Ort geben, um diesen dann in Hinblick auf Europäisierungsprozesse zu diskutieren.
Das Ballhaus analysiert den Ist-Zustand der „deutschen Gesellschaft“, versucht mit diesem zu brechen und bietet gleich-zeitig Alternativen. Durch eine kreative Kritik an der Gegenwart wird eine postmigrantische Gesellschaft behauptet, dies meine These; nicht nur in Berlin-Deutschland sondern europaweit. Dieses Vorgehen, die dazu verwendeten Strategien und ihre konkreten Auswirkungen auf die Öffentlichkeit sollen nachfolgend skizziert werden.

 

Der Ist-Zustand und die Strategien der Veränderung


 

"Komm, lass uns ins Ballhaus gehen, da läuft immer was Gutes". Man steigt am Kotti aus, die Adalbertstraße entlang, über die Oranienstraße und dann rechts in die Naunynstraße. Da kommt auf der linken Seite das Haus, man sieht die Abendkasse und die Anzeige der laufenden Stücke. "Lö Bal Almanya"… Der Eingang ist im Hinterhof, das gibt dem Ort etwas Spezielles, was Verstecktes zu entdecken, den Kreuzberger „Touch“. (Feldtagebuch 04.2011)

Das Haus wurde im Jahr 2008 unter der künstlerischen Leitung von Shermin Langhoff und der Schirmherrschaft von Fatih Akın wiedereröffnet. Als „translokales Theater eröffnet und ist seitdem ein Kristallisationspunkt für Künstlerinnen migrantischer und postmigrantischer Verortung und weit darüber hinaus“. (www.ballhausnaunynstrasse.de)
Dieser Ort ist Ausdruck der Notwendigkeit eines Perspektiven-wechsels in unserer Gesellschaft, hin zu einer Perspektive, in der die Herkunft, die Farbe der Haut, das Geschlecht nicht das Ausschlaggebende sind.
Das Ballhaus Naunynstrasse ist im Stadtteil verankert und kann ohne diese Kontextualisierung nicht beobachtet werden. Kreuzberg ist ein Viertel im ehemaligen Westteil Berlins direkt an der Mauer, es war ein Gastarbeiter- und Künstlerviertel. Wie Barbara Lang in ihrer Ethnographie argumentiert, ist dieser Ort zu einem Mythos geworden1.

Die Identifikation mit dem Ort ist in den letzten Jahren sehr stark gewesen, sozioökonomische und kulturelle Faktoren haben dazu beigetragen, dass der als besonderer Ort wahrgenommen und konstruiert wurde, und immer noch wird. In den 60er Jahren während der Bohème Zeit, in den 70ern alsKern der alternativen Kultur in Berlin und in den 80ern während der Proteste ist dieses Viertel immer „außerhalb der deutschen Merheitsgesellschaft“ reproduziert und mythisiert worden. Lang meint, es wird wie eine Insel in der deutschen Landschaft wahrgenommen. Kreuzberg wird zur Utopie. (Vgl. Lang 1998) Das Ballhaus profitiert von diesem Kontext und trägt zu diesem Mythos bei. Andererseits kämpft es gegen die Schubladen, in denen Migration gedacht wird.
In den Medien, in der Öffentlichkeit und in den Diskursen kursieren Bilder des Stadtteils von Kriminalität, Drogenhandel und Armut, welche oft unmittelbar mit Migration in Zusammenhang gebracht werden. Rassismus und Rassifizierung wird alltäglich erfahren. Kreuzberg ist ein Ort, an dem transnationale Akteure leben. Menschen mit Migrationserfahrung der ersten, zweiten oder dritten Generation. Die BewohnerInnen haben Bezüge zu unterschiedlichen Ländern gleichzeitig, Verwandschaftsbezüge, Arbeitsbezüge oder andere zu der Türkei, Iran, Irak, Armenien, Polen, Tschechien, Rumänien, Kosovo, Italien, Israel, Palästina, Frankreich, Spanien, Argentinien, Kolumbien, U.S.A, Deutschland... Diese Bezüge verdichten sich im alltäglichen Handeln.
Die Lokalität Kreuzbergs geht über die nationalen Grenzen hinweg und besteht aus vielen sich überschneidenden „Lokalitäten“. Arjun Appadurai formuliert die Notwendigkeit für die anthropologische Analyse, das Lokale in einer neuen Weise zu konzipieren (Vgl. Appadurai 1996).2 Das Ballhaus ist in diesem Kontext ein Ort, an dem dieser Transnationalismus, die Geschichten der Migration, die Kämpfe der Migration, ein Teil der deutschen Geschichte der oft nicht erzählt wird, zum Ausdruck kommen können. Es folgt ein kurzer Einblick in das Geschehen an diesem Ort.

Wir hatten Glück, wir haben noch Tickets bekommen. Durch einen mit Graffiti besprühten Gang kommt man in den Hinterhof. Man hat das Gefühl, man hat etwas entdeckt, man ist an einem speziellen Ort. Hier wird man sich nachher treffen, beim Rausgehen oder in der Pause und eine bestimmte Gemeinsamkeit teilen. Der Holzboden im Eingang quietscht, der Eingang ist eng und voll, aber es herrscht freudige Stimmung, Verwunderung, Erwartungen, besondere Begegnungen. Das Publikum ist sehr gemischt. Vor mir stehen Studenten, die englisch reden, um sich zu verständigen, neben mir zwei Freundinnen, die einen Ausgang ohne Familie genießen… Am Einlass sind oft die gleichen Leute, man kennt sich, man grüßt sich und freut sich über die vielen Besucher.“(Feldtagebuch 04.2011)

Aus dem Programmheft:
" Lö Bal Almanya" von Nurkan Erpulat und Tunçay Kulaoğlu “Sie singen sich die Seele aus dem Leib und reden sich in Rage, um Antworten auf all die wichtigen Fragen zu finden: Warum bekam der millionste Gastarbeiter 1964 ein Moped geschenkt und keinen Feuerlöscher, wie ursprünglich geplant? Ist die Behauptung, die Berliner Mauer wäre auf die Köpfe der Türken gefallen, eine anatolische Lebenslüge? Welches Mindestalter muss ein Moslem haben, um für das Bundesverdienstkreuz vorgeschlagen werden zu können? Und woher kommt die Unlust der Kandidaten für die deutsche Staatsbürgerschaft, das geniale Erfolgsrezept der ehrenamtlichen Integrationshelden aus Wirtschaft, Politik, Kultur und Sport zu übernehmen? “(
www.ballhausnaunynstrasse.de)
„Wir nehmen Platz, es herrscht Aufregung und erwartungsvolle Stimmung. In dem Saal, ein hoher antiken und repräsentativen Saal mit Stuck und Holzboden haben 99 Personen Platz. Auf der Bühne ist ein deutsches, altes Ballhaus reproduziert, wahrscheinlich das Ballhaus, wie es vor 60 Jahren war. Ein schwarz-weißes Bild hängt an der Wand, eine alte Postkarte "Gruß aus Graumanns Festsälen" Naunynstrasse 26. Die Erwartung im Saal steigt, die Schauspieler kommen auf die Bühne: Melek Erenay, Katharina Koch, Tobias Schwenke, Muri Segen, Tim Seyifi, Sesede Terziyan, Cem Sultan Ungan, Michael Wenzlaff, Mehmet Yılmaz. Alle setzen sich an die schwarzen Tische, es wird alles still. Niemand bewegt sich, es bleibt still, gefühlte zehn Minuten, im Publikum beginnt die Aufregung zu steigen.“ (Feldtagebuch 04.2011 )

Im Gespräch mit meiner Freundin:

" Ich war so nervös, erwartungsvoll, ich fand den Effekt sehr spannend und habe es als fehlenden Dialog interpretiert, Stillstand in dem Kontext von Migration und weißer deutscher Gesellschaft, es gibt keinen Austausch es gibt keine Aushandlung, absolute Stille, so habe ich es empfunden: erdrückend.“(Interview A. F.)

Endlich steht eine Frau auf und setzt sich an das Piano, erst mal wieder Stille, dann wird das Lied "Unrasiert und fern der Heimat" gesungen; ein deutsches Volkslied, das aus einem alten russischen Lied abgeleitet wurde und im Nationalsozialismus verwendet worden ist.
"Fern der Heimat, unrasiert/Unrasiert, und fern der Heimat/Fern der Heimat, unrasiert/Und der Bart wird immer länger…“
3 (Feldtagebuch 04.2011)
Die folgende Szene bringt die ZuschauerInnen durch eine peinliche, ärgerliche, provokativ dargestellte Gesundheitskontrolle, der Anfang der Gastarbeiter-Geschichte. Menschen werden unmenschlich behandelt, reagieren unterschiedlich darauf, wenn man zuschaut, wechselt die Stimmung von Ärger zu ehrlichem Lachen, die Situation ist absurd, erzählt aber von Erfahrungen. Der Schlaueste wird genommen, es gibt eine große Feier „100000 Gastarbeiter “, es werden Teppiche ausgerollt. Es wird dem Arbeiter ein Besen geschenkt. Nach einem Pfiff tritt seine Frau in die Szene, sie repräsentiert eine Bäuerin, mit einem großen Koffer und noch einem Teppich in der einen Hand und einem Börek in der anderen, sie erfüllt unsere Vorstellung der stereotypen Zuwanderin und daher müssen wir lachen. Sie entbindet, bringt alle Protagonisten auf die Welt. Alle werden Arbeiter, mit gospelähnlicher Musik arbeiten sie still und verärgert. In dem Moment, in dem sie in die Heimat zurückkehren wollen, wird eine Mauer gebaut. Der Wunsch wird:“ich möchte Deutscher werden“, Petra Müller führt den Integrationskurs im Rahmen der Kampagne ‚“Du bist Deutschland“4 .

Die Zugehörigkeit zu einer Nation und die damit verbundenen Identitätskonstruktionen (Vgl. Hall 1994) werden auf der Bühne diskutiert und die ZuschauerInnen werden gefordert darüber nachzudenken.

Probleme werden beispielsweise an der Inszenierung des Integrationskurses erkennbar, wer hier nicht mitmacht, wird ausgegrenzt und als „Kanacke“ abgestempelt. Man spielt ganz bewusst mit den jeweiligen Stereotypen und mit essentialistischen Stigmatisierungen von Kulturen. Das Scheitern des Integrationsprogrammes wird inszeniert. Integralismus wird durch diesen gestärkt. All dies wird mit Ironie erzählt. Die Inszenierung ermöglicht den ZuschauernInnen durch emotional starke Erfahrungen neue Reflexionen hinsichtlich ihrer Stereotypen-belasteten Einstellungen zu entwickeln. Es geht geradezu um eine Gewissensprüfung: „man wird gerüttelt um dann wieder ohne, oder mit einer neuen Orientierung, in die Welt gesetzt zu werden“. (Feldnotizen)
Das Spiel mit Erwartungen, und die häufige Publikumsansprache hindern – wie meine Interviewpartnerin meint – die ZuschauerInnen daran neutral zu bleiben. Die AdressatInnen sind das Publikum, die „deutsche“ Gesellschaft ist dazu aufgefordert sich mit der eigenen Geschichte auseinanderzusetzen und zu merken, dass diese eine nicht exklusiv „ deutsche“ ist.

„Inhaltlich ging es darum, wie die „deutsche“ Gesellschaft mit dem Zuzug von türkischen Menschen umgegangen ist, es ist im Grunde wie so eine Art Spiegel, ich saß da ja als Deutsche im Publikum und für mein Dafürhalten waren es halt überwiegend weiße Deutsche, die auch noch viel älter waren als ich, das heißt, diese ganze Sache auch noch viel bewusster mitbekommen haben als ich....und ständig so eine Ohrfeige bekommen haben.“ (Interview A. F.)
Das Publikum wird nicht als passives Objekt verstanden, sondern, wie bei Bertold Brechts und Augusto Boals Theatherkonzeptionen (Vgl. Boal 1993), soll zu revolutionären Aktionen bewegt werden.
Die gesetzte Aufgabe des Ballhauses ist es, die gegenwärtige Gesellschaft mithilfe der Mittel des Theaters zu analysieren, zu kritisieren und neu zu denken. Dies geschieht, indem alle TeilnehmerInnen in diesen Prozess der Neuinterpretation einbezogen werden.

„ Der Ist-Zustand zementiert die Wahrnehmung als "Andere" leider öfter, als er sie bricht. Wo der Themenkomplex Migration nicht per se ausgespart wird, erfolgt oft eine sensationalistische Verwertung von Klischees. Die Figur des oder der Migrantin wird quasi bauchrednerisch von weißen Sprechern geführt und höchstens durch Verwendung von Darstellern mit dem "richtigen" Hintergrund authentifiziert. Diese Zustände sehe ich allerdings nicht als trennbar von der allgemeinen gesellschaftlichen Situation.“ (Interview Shermin Langhoff Bpb5)

Das Ballhaus positioniert sich innerhalb der deutschen Theaterlandschaft als Innovationsmotor, als Störfaktor, als Bruchstelle zur deutschen weißen „Hochkulturkonzeption“. Identitäten und Staatsangehörigkeit werden diskutiert, ebenso strukturelle Armut, Rassismus und Integration/Assimilation, Prekarisierung. Die Wirkungen der Diskurse, die im Ballhaus behandelt werden, gehen über die Theaterwelt hinaus, sie werden zu politischen und existentiellen Debatten.

Meines Erachtens ist das Ballhaus ein Ort, in dem, wie die Feministin Rosi Braidotti behauptet, „Politics of Location“ stattfinden in Zusammenhang mit „Accountability“. „Politics of Location“ ist eine Strategie um Bewusstsein zu fördern, „Accountability“ eine kollektive Praxis um relational Machtdifferenzierungen zu annullieren. Die Analyse befasst sich mit den mehrfachen „locations“ der Macht, in denen jeder lebt und seine Subjektivität konstruiert. Aus dieser Perspektive können diese Machtverhältnisse auch dekonstruiert werden. Geschichten und Erinnerungen aktivieren den Prozess, das neue Bewusstsein in Worte und Symbole zu fassen (vgl. Braidotti 2007).
Die Erfahrung von Migration ist eine gemeinsame, die alle Leute in der Gegenwart machen, direkt oder indirekt. Mit dieser Tatsache arbeitet das Ballhaus. Es geht darum, Erlebnisse von Ausgrenzung und Stereotypen zu identifizieren und zu dekonstruieren. Die Kritik an einem essentialistischen und reduktionistischen Kulturverständnis wird an Erfahrungen von strukturellem Rassismus und Nationalismus gekoppelt. Dies geht zwar zunächst von der deutschen Theaterlandschaft aus, kann meines Erachtens aber auf die „europäische“ Gesellschaft übertragen werden.

Zum Beispiel wird durch die andere Konzeption der Rollen eine mögliche Alternative geschaffen. Die Rolle des Türken in der Film- und Theaterwelt ist oft klischeebehaftet: zumeist ist er der „kriminelle Türke“, der nicht blond sein darf weil Türken nicht blond sind, sondern dunkel sein und einen Akzent haben muss. Auf der Bühne des Ballhauses werden andere Rollen inszeniert, das Stück „Die Zweite Generation“ zeigt Geschichten von „erfolgreichen Türken“, die mit den „erfolgreichen Deutschen“ Probleme teilen, wie den Mangel an Zeit für die Familie. Die Herkunft tritt aufgrund der Gemeinsamkeiten in den Hintergrund, gleichzeitig wird gezeigt, wie dennoch in der Gesellschaft Differenzen konstruiert werden.

Dazu eine Passage aus dem Stück: „Lust auf was Anders“ nach Texten von Wolfgang Vincke mit Aylin Esener:Hintergrundstimme: „Es ist normal, die in Deutschland lebenden Türken als Ausländer zu bezeichnen.“

Schauspielerin:„ Ein Drittel der hier lebenden Türken ist bereits in Deutschland geboren, es ist ein bisschen absurd, danach von Ausländern zu sprechen.“ (Feldnotizen 01.2011)

Die Perückenblonde Schauspielerin hat während des Stückes Pauschalisierungen und – von den Medien mitkonstruierte – Annahmen über Migranten durch Ironie und Selbstverständlichkeit dekonstruiert.

Was ist deutsch - was ist türkisch – was ist Ich? Ein Kampf um die Suche der eigenen Identität, den auch Aylin Esener kennt und in dem Theatersolo „Lust auf was Anderes“ austrägt. Sie verknüpft ihre eigene Lebensgeschichte mit der bedrückenden Geschichte von Ayse S in einer theatralen Collage aus Textfragmenten, Interviewprotokollen aus ›Türkenghettos‹, Musik und Zeitungsartikeln, schildert deutsch-türkisches Leben voller Humor, Selbstironie und Ernst.” (www.ballhausnaunynstrasse.de/archiv)


 

Die Strategie der Behauptung


 

Eine oft eingesetzte Strategie ist Provokation in Kopplung mit Geschichten und Erfahrungen. Wichtig dabei ist die Diskussion, die daraus entsteht, nicht nur das Stück selbst. Hierzu ein Auszug aus einem Gespräch mit der externen Dramaturgin Angela Pichler:

Die Themenstellung ist gewaltig, der Umgang damit löst sich zu einem großen Teil durch den charmanten Umgang mit Unfertigem, durch Improvisation und Publikumsnähe ein. Ich hatte mich auf einen konzeptschwangeren Diskurs eingestellt, viel ist aber nach meinem ersten Eindruck auch einfach Behauptung, Ironie und Spaß an Schlagworten und Zeichen (bis hin zu den orientalischen Mini-Sitzteppichen Marke Kaufhof). Die Frage nach dem „Etikett“ wird als ironischer Kommentar zum Schubladendenken der Theaterwelt entlarvt, es gewinnt das Machen vor dem Konzipieren, der Mut der Frechheit vor der Schwere des Diskurses. Und gleichzeitig transportiert die von mir gesehene Inszenierung und das ganze Haus spielerisch einen Beitrag zur aktuellen Debatte um Migration, Bildung und Kultur“. (Interview A. P.)

Mit künstlerischen Mitteln kann man durch Behauptung eine neue Realität konstruieren, eine neue Perspektive bieten und Ansätze für ein kritisches Denken liefern. Die Behauptung des Theaters „postmigrantisch“ zu sein, ist in diesem Sinne real geworden und ein wichtiger Reflexionsansatz für die Wissenschaften und die Gesellschaft generell.
Theater, das ist Behauptung, du musst halt einfach nur behaupten und dann ist es so, du gehst halt auf die Bühne und behauptest … in unserem letzten Stück Schnee hatten wir die Behauptung, dass ganz Deutschland muslimisch geworden ist… Leute, deren Migrationshintergrund überhaupt nicht thematisiert wird, sind dann alle zum Islam konvertiert. Alle mit denen ich gesprochen habe und alle Presseberichte haben halt diese Behauptung mitgenommen… du kannst das imaginieren und von da aus, von dem Punkt der Imagination oder der Behauptung kannst du dann sprechen über die Kopftuchdebatte heute. Und zwar auch ohne die irgendwie ins Feld zu führen. Und das macht sehr viel Sinn für mich, das ist ein Raum für Imagination…“(Interview O. K.)

Das Imaginieren und Performieren des „nicht Realen“ wird mit dem Potential, die Realität zu verändern, konfrontiert.

Diana Taylor (2003) konzipiert die „Politik der Theatralität“, im Rahmen derer die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft, das „Reale“ und das Imaginierte werden, die gemeinsamen Referenten für die Schauspieler ebenso wie für das Publikum (vgl. Bigenho & Guevara 2009).
Utopien und Imaginationen werden durch die Repräsentation real und wirksam. Indem sie gedacht und konzipiert werden, sind sie schon real geworden. Das Imaginieren und Repräsentieren des „nicht Realen“ enthält radikales Änderungspotential.

„The image, the imagined, the imaginary - these are all terms that direct us to something critical and new in global cultural processes: the imagination as a social practice. No longer mere fantasy (opium for the masses whose real work is somewhere else), no longer simple escape (from a world defined principally by more concrete purposes and structures), no longer elite pastime (thus not relevant to the lives of ordinary people), and no longer mere contemplation (irrelevant for new forms of desire and subjectivity), the imagination has become an organized field of social practices, a form of work (in the sense of both labor and culturally organized practice), and a form of negotiation between sites of agency (individuals) and globally defined fields of possibility. This unleashing of the imagination links the play of pastiche (in some settings) to the terror and coercion of states and their competitors. The imagination is now central to all forms of agency, is itself a social fact, and is the key component of the new global order“ (Appadurai 1996)


 

Postmigrantismus


 

Das Ballhaus behauptet sich als postmigrantisches Theater.6 Die spielerische Provokation basiert auf einer bestimmten, teils ausgehandelten, teils noch offenen Vision der Gesellschaft, die ich herauszuarbeiten versucht habe. Diese Vision geht von einem transkulturellen und translokalen Verständnis von Gesellschaft aus, erkennt aber auch Differenzen, Konflikte und Geschichte an.

„...Das setzt doch eine Situation voraus, in der zwei oder mehr voneinander völlig getrennte und innerlich homogene "Kulturen" einander gegenüberstehen – sagen wir eine abendländische und eine orientalische – und mühsam Beziehungen knüpfen. Das hat nichts mit der Realität Europas und der Bundesrepublik im 21. Jahrhundert zu tun. Kein Mensch, den ich kenne, gehört einem einzigen, geschlossenen Kulturraum an. Unser wirkliches Leben ist schon längst transkulturell und translokal, und zwar jenseits von Herkunft. Uns ist es vielmehr ein Anliegen, die Selbstverständlichkeit von Hybridität und Transkulturalität zu feiern und durchzusetzen.“ (Interview Shermin Langhoff Bpb)

Durch Behauptung wird die Vision real, ein postmigrantisches Theater zu schaffen und die Gesellschaft selbst als postmigrantisch zu verstehen. Shermin Langhoff ist dem Begriff in der amerikanischen Kulturwissenschaft begegnet.7

Postmigrantisch, das ist ihre Vokabel. So nennt sie ihr Theater. Ein Theater von und für Menschen, die nicht selber migriert sind, aber in diesem Kontext leben. Ein Theater für eine Gesellschaft, die im besten Falle nicht durch die Stereotyp-belasteten Brillen unterschiedlicher Herkünfte und Religionen auf sich schaut, sondern die Komplexität eines postmigrantischen Raums anerkennt und die jeweils subjektiven Sichtweisen zu akzeptieren lernt. Das muss unsere gemeinsame Utopie sein. Eine Utopie, die nicht mehr, wie so lange, zuerst von der Politik propagiert werden darf, sondern in den Theatern der Republik erprobt werden soll.“ (Langhoff 2011)

Erol Yildiz schlägt vor, mit dem Begriff „postmigrantisch“ Lern- und Überlebensstrategien, die in der globalen Welt von den Generationen die keine direkte Migrationserfahrung haben, eingesetzt werden, zu adressieren.

Yildiz geht vom Wandel in der gegenwärtigen Gesellschaft aus. Der Wandel, der durch den „kosmopolitischen Blick (Vgl. Beck 2004) verstanden werden kann und der transnationale Räume (Vgl. Pries 1997) wahrnimmt. Weltweite Bezüge sind zum Alltagsleben aller geworden. (Vgl. Yildiz 2010)

Daraus folgt, wie auch Saskia Sassen (Vgl. Sassen 2008) meint, „dass vieles von dem was wir als national erleben und interpretieren, in der Tat schon längst entnationalisiert ist“(vgl. Yildiz 2010). Es gibt entsprechende Prozesse (Vgl. Römhild & Bergmann 2003), gleichzeitig aber auch Gegenprozesse, beispielsweise die zunehmende Re-nationalisierung der Migrationspolitik in einigen europäischen Gesellschaften(Vgl. Yildiz 2010).

Vielfach gegebene Tatsachen machen einen Perspektivenwechsel notwendig. Im Zentrum der Betrachtung von Yildiz stehen lokal unterschiedliche Alltagspraxen als Teil der Globalisierung: „hybride (Bhaba 1997) Strukturen und Kulturen, verschieden zivilgesellschaftliche Formierungen, Fluchtlinien und Gegenbewegungen treten gleichermaßen hervor.“ (Yildiz 2010)
So entstehen Möglichkeiten einer Neuinterpretation. Alles, was im nationalen Kontext als Krise bezeichnet wurde, kann aus kosmopolitischem Blickwinkel als etwas anderes, neues interpretiert werden. Ulrich Beck bezeichnet diese Strategie als methodologischen Kosmopolitismus (Vgl. Beck 2004). Yildiz schlägt vor, diesen neuen Blick auf Migration anzuwenden und empfiehlt in diesem Zusammenhang den Begriff postmigrantisch, der die bisher angewandte Perspektive auf Migration in Frage stellt und neu denkt. Aspekte dieser Kolonialisierung findet man in den „westlichen“ gegenwärtigen Diskursen über Migration wieder.
Meines Erachtens nach geht das Konzept im Ballhaus einen Schritt weiter. Post-migrantisch wie Post-kolonial enthalten eine Empowerment Strategie: einerseits das Überholen von alten Machtstrukturen und Differenzierungen, aber gleichzeitig die Anerkennung der Geschichte und ein wachsendes Bewusstsein dafür.
Unsere Gesellschaft hat die Erfahrung der Migration gemacht. Auch nicht direkt migrierte Menschen sind betroffen, wenn man die „Posts“ beachtet. Das Postkoloniale enthält eine zeitliche Ebene, die Kolonialisierung ist vorbei, aber nicht definitiv, die Kolonisierung ist nicht vorbei (Loomba 2008). Es gibt immer noch strukturelle und finanzielle Ungleichheiten und Machtstrukturen zwischen dem Westen und dem Rest der Welt. In diesen Sinne kann man auch das Postmigrantische verstehen. Die Gesellschaft „nach“ der Migration, bedeutet die Notwendigkeit diese zu überholen, neu zu denken. Die Migration ist nicht vorbei, aber der Diskurs darüber -wird behauptet - muss sich ändern. Migration ist Bestandteil der Gegenwart. Migration wird anerkannt als Erfahrung als kulturelles Kapital und die Differenzierungen zwischen Migranten und nicht Migranten werden dekonstruiert. Anderseits ist es klar, dass in der Realität Diskriminierungen und Machtunterschiede immer noch sehr präsent sind. Wie das Konzept Postkolonial die Kolonialisierten und die Kolonisatoren miteinbezieht so auch das Postmigrantisch, die Merheitsgesellschaft und die Leute mit Migrationserfahrung.

Wie Aime Cesaire8 meint, ist der Kolonialismus nicht nur Ausbeutung, sondern auch „Objektisierung“ der Betroffenen. Die Subjekte, die kolonisierten wie die Migranten werden im Diskurs de-personalisiert, sie verlieren ihre Persönlichkeit, werden zu Objekte reduziert und verlieren so die Handlungsfreiheit. Der Andere wird konstruiert, um sich selbst zu definieren, Probleme werden auf ihn projiziert, er wird zu einem „unheilbar“ anderen und „zurückgeblieben“ gemacht. Dies findet oft in den Diskursen über Migration in Deutschland (und nicht nur) statt.

Das Post-Konzept beinhaltet Strategien um Machtstrukturen, die auf den essentialistischen Dichotomien basieren, zu dekonstruieren:9 indem man die Erfahrung der Migration anerkennt (sie wird nicht ausgeblendet) und positiv besetzt; als geteilte Erfahrung (vgl. Conrad &Randeria 2002). Sebastian Conrad und Shalini Randeria beziehen sich auf postkoloniale Machtkonstellationen wenn sie die Strategie formulieren, Entanglements (geteilte Geschichten) aufzuzeichnen. Meines Erachtens nach kann man diese Überlegung auch für das postmigrantische Konzept erweitern. Indem man die geteilten Erfahrungen hervorhebt, werden Machtverhälnitsse und die Komplexität der Realität aufgezeigt. Das postmigrantische Konzept ist aus der Stimme der „Migration“ entstanden, wie auch das Postkoloniale aus der Stimme der Kolonisierten und wird auf die gesamte Gesellschaft erweitert. In diesem Sinne wird im postmigrantischen Theater die vereinfachte Dichotomie „Migrant“/„Deutscher“ in ihrer Komplexität aufgerollt.Wichtig dabei ist jedoch die Unterschiede nicht auszublenden, sondern diese positiv zu besetzen um Empowertment zu fördern.

Wir haben uns das Label "Postmigrantisch" gegeben, weil wir mit dem oben beschriebenen Zustand brechen wollten. Gleichzeitig geht es um Geschichten und Perspektiven derer, die selbst nicht mehr migriert sind, diesen Migrationshintergrund aber als persönliches Wissen und kollektive Erinnerung mitbringen. Darüber hinaus steht "Postmigrantisch" in unserem globalisierten, vor allem urbanen Leben für den gesamten gemeinsamen Raum der Diversität jenseits von Herkunft.”(Interview Shermin Langhoff Bpb)


 

Eine Heterotopie


 

Nach der Vorstellung gehen wir hinunter in die Bar, wie auch viele andere, die Atmosphäre ist familiär viele kennen sich und grüßen sich herzlich, Intendantin, Schauspieler, Journalisten, Forscherinnen….und viele andere unterhalten sich über das Stück, über die Herausforderungen oder auch über ganz was anderes. Ich gehe verändert und inspiriert aus dem Theater.“ (Feldnotizen 04.2011)

Im Ballhaus arbeiten viele Leute, viele Geschichten überschneiden sich: es ist ein kosmopolitisierender Ort (Vgl. Römhild 2010).

Es ist ein Ort an dem die Dichotomien (Deutsche-Nicht-deutsche, Westen und Rest der Welt) zusammenbrechen und kritisiert werden. Es ist ein Ort, an dem bislang marginalisierte Akteure ins Zentrum der Betrachtung rücken und zur Kosmopolitisierung beitragen. Die alte Ordnung, die deutsche, weiße Hochkulturkonzeption, wird in Frage gestellt und verändert. An diesem kosmopolitisierenden Ort bewegen sich die Akteure auf Grenzen, überschreiten oder verschieben Grenzen.
Die Mehrheitsgesellschaft wird mit den Stimmen der „Migration“ konfrontiert. Ulrich Beck, und Edgar Grande verstehen unter Kosmopolitisierung die zunehmenden Prozesse und Moblitäten, die eine Entmachtung der modernen, internationalen Weltordnung vorantreiben.(vgl. Beck & Grande 2004)

Beispiel dafür ist die Akademie der Autodidakten. Sie ist ein Projekt, das jungen „migrantischen“ Künstlern Zugang zur Kulturproduktion schafft. Es wird mit einem neuen „Kultur-Konzept“ gearbeitet, gegen das Hochkulturkonzept in dem das Theater bisher verstanden worden ist.

Oft treten wir in Diskussion mit Leuten die versuchen „Kultur“ unter den Jugendlichen oder unter den „armen Migranten“ zu bringen, ohne für sich selber überhaupt zu wissen was Kultur ist, den Kulturbegriff überhaupt definiert zu haben.Das ist dann halt auch der Grund warum dann viele Jugendliche gar nichts mit Kultur anfangen können.Wir versuchen den Jugendlichen und den Erwachsenen klarzumachen, dass Kultur alles ist. Das keine Grenzen aufgetan werden. Wir versuchen mit den Jugendlichen so zu arbeiten dass wir den Raum geben um selber zu entwickeln was Kultur ist.Es gibt nur eine Kultur und keine Unterteilungen in Hochkultur und andere“. (Interview V.T.)

Das Theater wird zum Ausdrucksraum, es ist ein freier Raum, der nur bestimmten Regeln, nämlich seinen eigenen, zu folgen hat. Der Ort ist ein „physischer Knotenpunkt“ der Netzwerken von Künstlern, Intellektuellen, Schauspielern, Tänzern, Dramaturgen, Aktivisten usw. Im Theater, besonders im Ballhaus Naunynstrasse, treffen und überschneiden sich mehrere Geschichten. Indem Phantasie ausgeübt wird und es kreative Ausdrucksmöglichkeiten gibt, werden neue, innovative Ideen behauptet, es entstehen neue Geschichten. Das Ballhaus Naunynstrasse funktioniert wie eine Heterotopie, indem die gesellschaftlichen Verhältnisse repräsentiert, reflektiert und umgekehrt werden. Es ist ein gleichzeitig realer und irrealer Ort, jedoch einer der reale Wirkungen hat.
Michel Foucault (1967) verwendet den Begriff der Heterotopien um Räume die der Utopie und der Norm des Alltags entgegengestellt werden und ihre ordnungssystematische Bedeutung zu bezeichnen. Orte, die die gegenwärtigen Normen nur teilweise durchsetzen oder die nach eigenen Regeln funktionieren und somit die Möglichkeit der Reflexion und Problematisierung gegebener Normen ermöglichen.
Menschen kreieren utopische Orte in dem Raum, den sie besetzen. Orte, die irgendwie anders sind, die anders funktionieren, es sind Gegen-Orte. Räume, an denen sich mehrere unterschiedliche Räume überlagern, die sonst unvereinbar sind. Das Theater ist so ein Ort, es funktioniert nach anderen Regeln, es wirkt auf die ordnungssystematischen Normen der Umgebung. Das alles lässt sich im Ballhaus Naunynstrasse beobachten. Die bestehende Ordnung wird in Frage gestellt und verändert. Das Publikum denkt über Sachen anders nach, Medien berichten über Postmigrantismus, es passiert etwas. „Denn die sind ihrem ureigenen Anspruch nach der Ort, an dem Zukunftsvisionen in die Praxis umgesetzt, und vor allem erst einmal durchdacht werden müssen. Dort entscheidet sich, wie Menschen mit Migrationsgeschichte das Bühnengeschehen mitprägen können, ob sich auch strukturell etwas bewegt oder ob nicht …“ (www.zeitonline.de, 08.08.2011)


 

Konflikte


 

Die Realität ist komplexer als bisher geschildert, ich habe eine Strategie herausgearbeitet aber die alltäglichen Kämpfe sind viele und die Arbeit wird mit dem verbreiteten Rassismus und Eurozentrismus auf vielen Ebenen konfrontiert auf der Ebene der “Mehrheitsgesellschaft“ und den zirkulierenden Diskurs über Migration, auf der Ebene der Politik und der „Integrations-“, „Assimilations-“, Exklusions-debatten. Auf der Ebene der Wissenschaft, die oft nicht die Komplexität der Arbeit erkennt und an der Reproduktion von Vereinfachungen und Essentialismen beiträgt. Die Forschungen über das Ballhaus vermehren sich immer mehr, aber die Arbeit wird oft vereinfacht dargestellt, interpretiert oder reproduziert. Der Diskurs über Migration in der Wissenschaft könnte von den Konzepten die im Ballhaus zirkulieren sehr profitieren. Im Ballhaus sind zwei Positionen vertreten. Es gibt einen Teil, der das Postmigrantische unterstützt im Sinne eines Empowerment der Migration, es gibt aber auch die Position, die sich mit dem Begriff „Postmigrantisch“ nicht überein findet, weil es immer noch „Migrant“ enthält. Diese fruchtbare Debatte hat Raum im Ballhaus, spiegelt sich, in kleinen Teilen der Wissenschaft wieder, das Dilemma der Migration.Die Anthropologie tendiert dazu Geschichten zu erzählen die sonst nicht erzählt werden und reproduziert aber damit auch die Unterdrückung. Daraus ergibt sich die Frage: ist die Wissenschaft postmigrantisch? Oder soll sich die Wissenschaft „entmigrantisieren“?Kann sie das?

Eine andere Ebene, auf der man die Konfliktgeladenheit der Konzepte beobachten kann ist die der Medien und der Öffentlichkeit.
Das Ballhaus ist in letzter Zeit stark in der Öffentlichkeit vertreten, es zirkuliert viel darüber in den Medien, im wissenschaftlichen Bereich und in der Theaterkritik. Für größere Aufmerksamkeit hat das Stück“ Verrücktes Blut“ von Nurkan Erpulat gesorgt. Aber auch die anderen Stücke sind dauerhaft im Gespräch. Das Konzept des postmigrantischen Theaters hat Erfolg. Wie dieses zirkuliert und rezipiert wird, ist allerdings ein konfliktreiches Thema. Oft wird der Schwerpunkt genau da gesetzt, wogegen sich das Konzept wehrt, aus postmigrantischem Theater wird „Migranten“ -Theater gemacht.

Indem Translokalität thematisiert wird, verlieren Nationalität und Identität an Bedeutung. Dies stößt sich alltäglich mit den Wahrnehmungen der Mehrheitsgesellschaft, die von fiktiven Identitätskonstruktionen, die auf Nationalität und Ethnie basieren, geprägt ist (Vgl. Hall 1994).
Die Arbeit des Hauses konfrontiert sich mit den Grenzen der Diskurse, die in der Mehrheitsgesellschaft geführt werden, mit Perzeptionen, Reproduktionen von Stereotypen, mit Machtspielen oder mit strukturellen Problemen.

Eine weitere Frage ist, inwiefern Förderstrukturen die Inhalte beeinflussen. Wie sind bestimmte Themen ausgeschlossen worden und wie werden andere reproduziert. Die Anträge an Förderstrukturen richten sich an Schlagwörtern aus, die Erfolg bringen, wie Migrationsthematiken.

„ Solang ich etwas über Kreuzberg mache oder über mich selber, was mit meiner „Kultur“ zu tun hat, ist alles gewollt, aber wenn ich anfangen würde zu sagen ich will jetzt die Nibelungensage inszenieren, fangen die Probleme an…dann wird gesagt, das hat nichts mit Hochkultur zu tun, das ist halt Migrantentheater. Separat, etwas anderes, eine andere Nische.“(Interview V.T.)

Das postmigrantische wird als Label genutzt, um am Markt einen Platz zu gewinnen. Die Kunst, die produziert wird, richtet sich an den Markt. (vgl. Canclini 2005)

„Migrantisch“ hat in der Gegenwart eine große Rezeption im Publikum. Der Versuch des Ballhauses ist es daraus „Postmigrantisch“ zu machen, was teilweise gelingt, teilweise nicht. Die Rezeption des Begriffes ist interessant und bringt die Konfliktgeladenheit der Diskussion über Migration und Identität zum Vorschein. Einerseits hat der Begriff durch das Ballhaus an Öffentlichkeit gewonnen, es gibt mittlerweile mehrere Forschungen, die sich mit dieser Thematik beschäftigen und die Medien und die Theaterkritik berichten ausführlich darüber10.

Andererseits wird dieser Begriff in Interviews oder im Rahmen der Analyse falsch interpretiert, besetzt, benutzt und reproduziert. Oft werden durch die Nutzung des Begriffes genau die Zuschreibungen subsumiert, die dieser eigentlich dekonstruiert. Oder er wird benutzt, um Integrationspolitik zu machen, was auch nicht dem eigentlichen Sinn entspricht. Der Erfolg wird von der Politik vereinnahmt um genau das zu machen, wogegen sich das Theater wehrt: Integrationspolitik.
Ein anderer Effekt der steigenden Berühmtheit ist das, was „Gentrifizierung der Publikumsstruktur“ genannt wird. Dies kann man auch im Theater sehen, es gibt eine Umschichtung im Publikum, das Ballhaus hat in den letzten Monaten den großen „Hype“ erlebt:

Wir haben natürlich jetzt auch so spannende Umschichtungen im Publikum und dann gab es jetzt aber auch diese Phase wo „Verrücktes Blut“ im Spiegel und sonst wo rezensiert wurde und eben Leute deswegen gekommen sind, die kommen aber erst zu den nächsten Sachen nicht mehr, also “ Tag für Tag“ was du gesehen hast, was das war ja eben keine Vorstellung die irgendwie von den Charlottenburgern besucht wurde, die halt eben im Vorhinein ihre Karten per Ticketticks gebucht haben.“(Interview O. K.)

Wichtig ist es, auch die Praxis und die Konflikte im Fokus zu behalten und nicht die Begriffsdiskussion allein zu behandeln, das würde dem Feld nicht gerecht werden.


 

Es ist glaube ich einfach auch ehrlich gesagt geprägt worden als ein lustiges und halb selbstironisches Spiel mit irgendwelchen Labels, also ich glaube man darf das jetzt auch nicht als Begriff auch so ernst nehmen, wir müssen es halt machen weil das jetzt eben geblieben ist und wirklich in jedem Interview danach gefragt wird, was heißt denn das. Das ist ein schönes Vehikel um was zu erzählen....dass es eben vor allen Dingen darum geht, was jenseits dieser Begriffsdiskussion irgendwie spannend ist...“ (Interview O.K.)

Was ich beobachtet habe ist auch, dass das Feld ein hochreflexives Feld ist, es wird versucht der Kritik gerecht zu werden, es gibt intern viel Selbstreflexion und viele theoretische Grundsatzdebatten. Das Feld ist auch im Zusammenhang mit dem Kontext reflexiv, für Kreuzberg und die Community ist es ein Ort, der den gegenwärtigen Zustand reflektieren und diskutieren kann.

Das Ballhaus ist ein Veränderungsort, weil auch interne Konflikte ihren Raum haben. Veränderungen sind tief mit Konflikten verbunden. Die Beobachtung der Konfliktpunkte bringt auch Prozesshaftigkeit und Dynamik in die Analyse hinein, es geht nicht darum, den bestehenden Zustand zu beschreiben und festzuhalten, sondern der Versuch ist es die Veränderungen in der Gesellschaft zu verstehen (vgl.Gluckman 1964).


 

Zukunftsorientierte Forschung für ein Anderes Europa


 

Arjun Appadurai (1996) schlägt vor, soziale Veränderungen zu analysieren, indem man soziale Imaginationen beobachtet und wahrnimmt. Nur so gelinge eine zukunftsorientierte Forschung, die in der Kunst und Wissenschaft kooperierten.
In der Realität sind die Ebenen der Kunst, Gesellschaft und Politik nicht trennbar, die Grenzen sind fließend, werden aber oft konstruiert.
Interessant ist es, wissenschaftliche Debatten mit denen aus der Kunst stammenden Reflexionen zu bereichern, die Diskurse, besonders die im Ballhaus Naunynstrasse, stattfinden, lassen sich mit den sozialwissenschaftlichen Debatten über Identität, Kultur und Migration verknüpfen. Durch das Beobachten eines Ortes, in dem Menschen sich treffen und austauschen, künstlerisch und politisch aktiv sind, versuche ich, zu den gegenwärtigen Debatten beizutragen.
Die Suche richtet sich auch an Momente, in denen das progressive Potential Europas in der Praxis verarbeitet wird. Mit diesen Gedanken schließe ich mich an Braidottis Überlegung über das europäisch werden an. (Braidotti 2007)

Das Konzept des Postmigrantismus ist, so meine These, auf eine europäische Gesellschaft zu erweitern und zu diskutieren. Damit verbundene Überlegungen über ein post-nationales Europa und ein nomadisches Subjekt (Vgl. Braidotti 1994) sowie über flexible citizenship (Vgl. Ong 1999) finden sich auch in meinen Beobachtungen im Ballhaus wider.
Das Format Theater ermöglicht es, eine postmigrantische Gesellschaft zu imaginieren, zu behaupten und dadurch real werden zu lassen.
Diese Behauptung hat in den letzten Jahren einen signifikanten Platz in der Öffentlichkeit besetzt. Das postmigrantische Theater und die postmigrantische Gesellschaft werden im Theater ausformuliert und dadurch immer mehr zu einer politischen Wahl oder Gegebenheit. Die Themen, die in der deutschen Gesellschaft vorherrschen, sind europaweite Probleme, deswegen mein Vorschlag ein postmigrantisches Europa zu behaupten, um darüber zu forschen und zu diskutieren.

Die Frage nach der politischen, sozialen und wissenschaftlichen Wirksamkeit der Kunstwelt, die Positionierung auf der Grenze und die Mobilisierungskraft sozialer Imaginationen wurden in dieser Forschung ausgehandelt, indem versucht wurde, die Praxen des Ortes Ballhaus in Dialog mit anderen Feldern unseres Forschungsprojektes zu bringen. Interessante Ergebnisse und Querverbindungen haben sich in den geführten Gesprächen und in meinen Analysen gezeigt. Slubfurt, im ehemaligen Frankfurt Oder und Slubowitze ist auch eine Behauptung die ein Neues kreiert, eine deutsch-polnische Stadt, die die Grenze anders belebt. (Siehe dazu Bianca Ludwigs Bericht).
In vielen der von uns untersuchten Kunsträume tauchen Aspekte der Wirklichkeitskonstruktion auf. Die Frage nach der Wirkung auf die Gesellschaft, wie künstlerische Kritik ausgeübt wird und welche Effekte die Avantgardes haben, sind interessante Überschneidungen der untersuchten Projekten.
So haben wir uns auch mit dem NSK „State in Time“ beschäftigt, der mit künstlerischen Mitteln soziale Prozesse gestaltet und behauptet. NSK, die Neue Slovenische Kunst wurde als Künstlerkollektiv in Slowenien gegründet und ist seit 1992 ein Staat ohne Territorium und ohne Grenzen, dessen Dimensionen Raum und Zeit sind. Der post-nationale Staat ist real geworden durch die Behauptung und den Einsatz künstlerischer Mittel, NSK hat damit einen neuen Diskussionsansatz gefördert.
In the globalisation process that’s occurring right now, every person is a global citizen… We as global citizens can communicate and interact with each other and the [NSK] passport is a medium or tool for us to re-imagine what we can do.” (www.nskstate.com)

Dieses Konzept habe ich auch in der Arbeit des Ballhauses gesehen, künstlerische Imagination wird eingesetzt, um die Gesellschaft neu denken zu können oder darüber zu diskutieren, wie sie sein könnte.
Ein wichtiger Aspekt der Arbeit des Ballhauses ist das Empowerment, das Bewusstsein zu fördern um kritisch und kreativ mit der gegebenen Situation umzugehen eine Strategie, die politische Aktivisten und das Ballhaus gemeinsam haben. Wie auch die Praxis bestätigt, ist an dieser Stelle auch eine Gemeinsamkeit mit der Gruppe „Amaro Foro“ auszumachen. Amaro Foro ist eine Gruppe von Roma, die sich für Empowerment engagieren.(siehe dazu Anna Friedrichs Bericht).

Über die Aspekte des „Post-“ habe ich im Vorhinein schon diskutiert, ich finde die Spannung zwischen postkolonial und postmigrantisch sehr produktiv, die beiden sind aber, zumindest in Berlin, noch zu wenig miteinander in Verbindung gebracht worden.
Obwohl in Berlin viel über Machtgeschichte und Kolonialismus diskutiert wird, ist die Frage, welcher Platz und Stellenwert dieser Frage in der Öffentlichkeit zukommt. Eine weiterführende Frage der Forschung wäre, diese Konzepte in Zusammenhang zu bringen und gegenseitig zu befragen. (siehe Maria Hoffmann und Pantelis Pavkladevis Bericht).


 

Neue Perspektive auf die Szene Europa


 

Ursprünglich einer antifaschistischen und antinationalistischen Bewegung entsprungen (Vgl. Spinelli 1985, 1972). Von Europa und Europäisch ist oft die Rede, aber was ist damit gemeint, wie wird dieser Begriff im Alltag ausgehandelt? Europa wird mit Demokratie assoziiert, aber auch mit großen Konflikten und Paradoxien, wie dessen Grenzregimes und deren Ausschlussmechanismen und Identitätskonstruktionen.

Ulrich Beck und Edgar Grande sehen Europa als einen Prozess, eine politische Baustelle, in der reflexiven Modernisierung als Gegensatz zu den Nationalstaaten, Europa ist ein Ausdruck der Kosmopolitisierung (Vgl. Beck & Grande 2004).
Braidotti schildert die Notwendigkeit, diesen Ort und diese Idee von Europa wieder positiv zu besetzen, eine utopische europäische Identität zu konstruieren, Identität im Sinne eines Prozesses zu interpretieren (Braidotti 2007).

Ich habe nach Orten in Berlin gesucht, an denen Europa, oder das „europäisch“ sein beziehungsweise „werden“, diskutiert wird. Die Prozesse und die Konflikte, die mit diesen Fragen verbunden sind, können im Alltag beobachtet werden. Auch die Überwindung der nationalen Konstruktionen, und die mit diesen verbundenen Grenzziehungen sind einerseits Tatsache des Alltags (vgl. Römhild & Bergmann Hsg. 2003), andererseits ist das Leben der Subjekte noch immer kolonialistisch und eurozentristisch geprägt.
Die Behauptung des Ballhaus Naunynstrasse geht, dies meine Meinung, über eine gesellschaftliche Kritik hinaus und konstruiert einen neuen Ansatz für die Diskussion über das Europäische. Postmigrantismus ist der Vorschlag eines Perspektivenwechsels, die Überholung von Identitätsangeboten, die von Machtstrukturen konstruiert und entschieden werden. Ein Perspektivenwechsel in Richtung der Erkennung einer gemeinsamen Erfahrung, einer gemeinsamen Geschichte und vielseitiger Entanglements (Vgl. Conrad & Randeria 2002).

Die Erkennung der Hybridität ist Voraussetzung, eine positive Vision eines zukünftigen Europas zu konkretisieren - Hybridität im Sinne von Bhaba (1994) als positive Besetzung. Als Befreiung vom Machtdiskurs des Kolonialismus, als Umkehrung der strukturellen Gewalt des Essentialismus, Rassismus und Eurozentrismus. Hybridität als Begriff, der nicht nur die Vermischung ethnischer und religiöser Elemente beschreibt, sondern auch die Produkte der Modernität und der postmodernen sozialen Prozesse. Die erbauten Grenzen des Nationalstaates fangen an porös zu werden. Keine Kultur kann als stabile Einheit mehr beschrieben werden. Dieses Inkrementieren der Optionen zur Hybriditäts Erkennung und Produktion sind aber nicht unbedingt mit Gewinn an Freiheit und Toleranz zu verbinden. (Vgl. Canclini 2005)

Lila Abu Lughod sieht die Erkennung der „Kreuzungen von Kulturen“(cross-cultural) als notwendige Strategie um „gegen“ Kulturen wie sie bis jetzt konzipiert worden sind, zu schreiben.(Vgl.Abu Lughod 1991)

Das postmigrantische Konzept ist meines Erachtens nach eine Expression der vorgenannten Phänomene der Gegenwart und ist gleichzeitig ein Reflexionsansatz für die Zukunft von Europa.

Dieser Perspektivenwechsel ist auch innerhalb der Forschung nötig, diese Arbeit ist ein Vorschlag für eine postmigrantische anthropologische Forschung, die noch viele offene Fragen enthält.

 

 

Bibliographie


 

Abu-Lughod, Lila (1991) „Writing against Culture“ In: Fox, Richard G. (Hsg.), „Recapturing Anthropology“.School of American Research Press.

 

Appadurai, Arjun (1996) “Here and Now” In:” Modernity at Large. Cultural Dimensions of Globalization”. Minneapolis, University of Minnesota Press.

 

Beck, Ulrich (2010): Vortrag Institutskolloquium 15.12.2010 „Decentering Europe“ am Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt Universität Berlin

 

Beck, Ulrich (2004): „Der Kosmopolitische Blick oder: Krieg ist Frieden“. Frankfurt am Main.

 

Beck, Ulrich & Grande, Edgar (2004): „Das kosmopolitische Europa. Gesellschaft und Politik in der Zweiten Moderne“ Suhrkamp. Frankfurt am Main.

 

Bigenho, Michelle & Guevara, Alberto (2009) “Perfomance, Revolution pedagogy: Theater and its objects. In: “InTensions journal”, York University Press, Toronto.

 

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Boal, Augusto (1993) “Il poliziotto e la maschera”. La meridiana.

 

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Braidotti, Rosi (1994)”Nomadic Subjects. Embodiment and Sexual difference in Contemporary Feminist Theory” Cambridge: Columbia University Press.

 

Braidotti, Rosi (2007) „Subjectivity, Mobility and Gender in Europe“ In Passerini, Luisa & Lyon Dawn & Capussoti Enrica & Laliotou Loanna (Hsg) „ Women Migrants from East to Wes. Gender Mobility and Belonging.

 

Canclini, Nestor Garcia (2005) „Hybrid cultures: strategies for entering and leaving modernity“. University of Minnesota Press.

 

Conrad, Sebastian & Randeria, Shalini (Hg.) (2002) „Jenseits des Eurozentrismus. Postkolonioale Perspektiven in den Geschichts- und Kulturwissenschaften“. Frankfurt am Main

 

Foucault, Michel (1967).“Andere Räume“ In: Barck, Karlheinz (Hg.) (1993) „Aisthesis: Wahrnehmung heute oder Perspektiven einer anderen Ästhetik“.Leipzig, Reclam.

 

Foucault , Michel (2004) „Utopie Eterotopie“. Cronopio.

 

Gluckman, M (1964) „Closed Systhems and Open Minds“. 1064, Aldine Publishing Company.

 

Hall,Stuart (1994) „Alte und neue Identitäten, alte und neue Ethnizitäten“ In: Hall, Stuart „Rassismus und kulturelle Identität“. Hamburg, Argument Verlag.

 

Hannerz, Ulf (1980) „Exploring the City“, 1980, Columbia University Press

 

 

Lang, Barbara (1998) „Ethnographie eines Stadtteils (1961 - 1995)“Frankfurt a/M: Campus Verlag

 

Loomba, Anja (1998) „Colonialismo/Postcolonialismo“, Universale Meltemi

 

Ong, Ahiwa (1999) “Flexible Citizenship: The Cultural Logics of Transnationality.”Duke University Press

 

Passerini, Luisa (2003): Dimensions of the Symbolic in the Construction of Europeanness. In: Dies. (Hg.), Images and Myths of Europe. Brüssel u.a.: Peter Lang, 21-34

 

Pries, Ludger (1997) „Neue Migration im transnationalen Raum“ In: Pries, Ludger (Hsg.) „Transnationale Migration( Soziale Welt: Sonderband 12) Baden Baden.

 

Römhild, Regina (2010): „Kosmopolitische Orte“

 

Römhild Regina (2010): „Aus der Perspektive der Migration: Die Kosmopolitisierung Europas“

 

Romhild & Bergmann (2003) „Global Heimat. Ethnographische Recherchen im Transnationalen Frankfurt“. Frankfurt am Main.

 

Sassen, Saskia (2008).“Das paradox des Nationalen“. Frankfurt am Main.

 

Sen, Amartya (2006) „Identita´ e violenza“, 2006, Laterza

 

Spinelli, Altiero (1985) “Avventura europea”. Il Mulino, Bologna

 

Spinelli, Altiero (1972) “Il progetto europeo”Il Mulino, Bologna.

 

Taylor, Diana (2003) „ The Archive and and the repertoire: performing Cultural Modernity In the Americas.”

 

Yildiz,Erol (2010)“ Die Öffnung der Orte zur Welt und postmigrantische Lebensentwürfe“. In: SWS Rundschau, Wien: Sozialwissenschaftliche Studiengesellschaft 3/2010

 

1Barbara Lang „Mythos Kreuzberg: Ethnographie eines Stadtteils (1961-1995)“.

 

2Arjun Appadurai beschreibt Lokalität als ein soziales Produkt. Ort und Zeit werden sozialisiert und lokalisiert durch soziale Praxen der Repräsentation und Imagination.

3Die Zeilen stammen einer von Gustav Schulten kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten veröffentlichten Sammlung von Volksliedern und gehören eindeutig zu den harmloseren Texten, die sich im Oeuvre dieses Komponisten finden lassen (http://www.migazin.de/2010/11/15/uberleben-ohne-kopf-machbar/).

4“Du Bist Deutschland” war eine “identitätstiftende” Kampagne im Jahr 2005, die im Rahmen der Initiative „Partner für Innovation“ von Medienunternehmen ins Leben gerufen wurde. Im Stück wurde sie durch ein Foto kontextualisiert, das die Rückseite der Tafel des Integrationskurses war. Nationalsozialisten nutzten Adolf Hitlers Parolen „Denn Du bist Deutschland“ während einer Kundgebung 1935 auf dem Ludwigsplatz in Ludwigshafen.

5Bundeszentrale für Politische Bildung.Siehe Bibliographie.

6Dazu http://www.freitag.de/kultur/0931-ballhaus-naunynstrasse-postmigrantisches-theater-identitaet-langhoff

7„Sie bezeichnen Ihr Theater als „postmigrantisch“. Was ist daran migrantisch, was postmigrantisch?
Den Begriff “postmigrantisch“ hab ich über die angloamerikanischen Literaturwissenschaft vor etwa zehn Jahren kennen gelernt. Es scheint mir einleuchtend, dass wir die Geschichten der zweiten und dritten Generation anders bezeichnen. Die stehen im Kontext der Migration, werden aber von denen erzählt, die selber gar nicht mehr gewandert sind.
Eben postmigrantisch”. (www.taz.de)

 

8Dazu Aime Cesaire (1950)“Discours sur le colonialisme“ Paris

9Dazu Loomba Ania (1998) „Colonialism/Postcolonialism“ Routledge

10Siehe auch:

"Postmigrantisch: Das Ballhaus Naunynstraße“ (http://www.die-deutsche-buehne.de/Magazin/Landpartie/Postmigrantisch%3A%20Das%20Ballhaus%20Naunynstra%C3%9Fe/ )

„Klassenverhältnisse“

(http://www.kultiversum.de/Schauspiel-Theaterheute/Chronik-Nurkan-Erpulat-Jens-Hillje-Verruecktes-Blut-Ruhr-Triennale.html )

„Wir sind kein Migranten-Stadl“

(http://www.sueddeutsche.de/kultur/theater-in-berlin-kreuzberg-wir-sind-kein-migranten-stadl-1.1063679)

„Du wirst nie Kleist inszenieren dürfen“

(http://www.sueddeutsche.de/kultur/theater-in-berlin-kreuzberg-wir-sind-kein-migranten-stadl-1.1063679-2)

„Vernumft“

(http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-73892447.html )

„Kultur mit allen! Wie öffentliche deutsche Kultureinrichtungen Migranten als Publikum gewinnen“

(http://www.theaterforschung.de/rezension.php4?ID=1398&PHPSESSID=117af232eb39ac45a565b2cacae5f0c0 )

„Hype hype Hurra“

(http://www.tagesspiegel.de/zeitung/hype-und-hurra/4099074.html)

„Klassenkampf mit klassiker“

(http://www.tagesspiegel.de/zeitung/klassenkampf-mit-klassiker/1910044.html)

„Jeneseits des ghettomainstreams“

(http://taz.de/Theater-in-der-interkulturellen-Gesellschaft/!64079)

„Bist du schwul oder Türke?“

(http://www.zeit.de/2011/29/Theater-Migration/seite-2)